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Donnerstag, 6. Juni 2013

Das komplizierte Thema "Medikation ja/ nein"

 

Ganz klar habe ich das erste Mal im Fernseh über das berühmt berüchtigte Ritalin gehört. Das ein kein so schönes Erlebnis. Damals stand es bei uns noch nicht zur Frage. Nur mein Mann berichtete kurz von komischen Gefühlen und dass er sie nicht mehr nehmen möchte. Ich fand´s damals sehr schade, weil ich ihn das erste mal sehr ruhig und geordnet empfand. Das tat mir sehr gut.
Da ich aber selbst nicht bescheid wusste musste ich an dieser Stelle nachgeben.

Als mein Sohn in die Schule kam, mussten wird nochmals ein Therapie aufgreifen. Wir hatten eine Therapeutin bereits im Kindergarten. Aber diese Geschichte kommt später, sonst führts zu weit vom Thema weg.
Als wir mussten also erneut einen Therapeut oder Psychiater oder Psychologen suchen. Mein Sohn stand völlig neben sich. So kannte ich ihn kaum. Klar, er war schon etwas schusseliger, gern für sich allein und mochte den Mittagsschlaf in der Kita nicht haben, weil ruhig liegen doof war. Aber er war nie so von der Rolle wie in der 1. Klasse. Er wollte auf dem Schulhof allein sein, wenn es nicht ging, wurde er aggressiv und verletzte Kinder. Er zog sich in Büschen zurück, krabbelte auf ein Klettergerüst und konnte den Lärm einfach nicht ertragen.
In der Klasse weigerte er sich den Lehrern beim Gespräch zuzuhören. Er konnte nicht. Er war in solchen Situationen völlig weggetreten und man sah ihn die pure Erschöpfung sehr an.
Da wir keinen Therapeuten auf die Schnelle finden konnten, sind wir dann zu unserem HNO hier in unserer kleinen Stadt. Ich hatte im Internet gelesen, dass so etwas eine Wahrnehmungsstörung sein kann und man das mit einem Hörgerät ausgleichen kann.
Der Arzt aber meinte, dass man besser eine private Schule suchen sollte und das Kind besser so sein lassen sollte wie es ist. Schließlich könnte er daraus später mal was machen. Er könnte ein überragender Künstler werden z. B. auf in den Bereichen Akustik oder Musik usw. . Ich fand das damals sehr intelligent und machte mich gleich auf die Suche nach einer geeigneten Schule. Er sagte Montessori wäre `ne gute Wahl. Ich wurde dann auch ganz schnell wieder von meinem hohen Ross runtergeholt. Es gab keine in unserer Nähe.
Später fanden wir dann doch eine Psychiaterin eine halbe Stunde entfernt von uns. Ich entfand den weg schon als Schmerzgrenze. Denn mit einem niedergeschlagenen Sohn und eine genervte Tochter fährt man nicht gern so weit.
Diese Psychiaterin untersuchte ihn sehr gründlich und verordnete ihm zuerst gleich eine Ergotherapie, die auch gleich in ihrer Praxis integriert war. Sie schickte ihm zu einem EEG, da der Vater auch selten unter Epilepsie leidet und sie ließ ein EKG machen. Alle Termin haben natürlich auch eine gewisse Wartezeit gehabt. Als wir die Auswertung vom EEG hatten, sagte sie mir, dass mein Sohn unter einer Rolando-Fokus Epilepsie leidet.

Diese Epilepsie lässt Kinder Abends schwer einschlafen, lässt sie unkonzentriert sein, abwesend wirken. Es gibt sie in einer aktiven Form und in einer inaktiven Form. Die Form in Aktion lässt auch Anfälle geschehen, bei der Patienten sich teilweise gelähmt fühlen... also halbseits. sie sabbern dann und können nicht mehr sprechen. Manchmal machen die Kinder dann schnarchende Geräusche. Die Epilepsie wächst sich wohl mit dem Pupertieren aus.

Also wieder auf einen Termin warten für eine spezifischere Untersuchung mit Schlafentzug (also mit nur 3h Schlaf in der Nacht). Auch hier kürze ich die Geschichte jetzt mal ab. Das Ergebnis war, dass Ben unter einer inaktiven Form der Epilepsie leidet.
Und jetzt komme ich zum Punkt:
Die Psychiaterin schlug uns in Folge dessen eine medikamentöse Therapie für´s ADHS vor.
Ich  dachte vorher, dass ich es leichter nehmen würde, da ich mir schon eine Meinung gebildet hatte. Ich wusste was diese Medikamente anrichten können. Ich kannte Gerald Hüther 
und seine Meinung, Jesper Juul und viele andere nette Kinderrechtsvertreter. Ich wusste, dass es bei manchen sehr gut wirkt, aber meist nach einer Einstellungszeit über 2 Jahre. Kurz: mich packte in dem Moment die Angst und ich wies die Therapie erst mal von mir um doch nochmal zu überlegen. 

Nach gutem zureden eines Freundes mit Kindern, die auch ADHS haben, habe ich mich zum Versuch entschlossen.
Leider gelang es der Dame nicht, meinen Sohn einzustellen. Bei 10 mg Medikinet  wurde er sehr Aggressiv. Mehr als sonst. und ich beschloss nach 2 Wochen diese Dinger doch wieder abzusetzen. Die Psychiaterin konnte mir bis dahin auch keine Hoffnung geben, dass wir das schon schaffen.
Denn zu diesem Zeitpunkt, hatte ich selbst einen schweren Zusammenbruch. Ich wollte niemanden sehen, hatte zu nichts Lust, heulte viel konnt mich nicht bewegen.
Also erkundigte ich mich im Internet in einem Forum, was ich weiter tun könnte. Die Leute dort rieten mir dringend einen neuen "Helfer" zu suchen.
Nach langem getippel per Email zu dem ADHS-Forum bin ich dann zu einer Ärztin gelangt, die sehr weit von uns entfernt ist. Aber ich muss Euch sagen: Die ist der Hammer!
Sie untersuchte Benny nochmal kurz, nahm ihn Blut ab (sehr wichtig!) und stellt ihn dann mit unretardierten Medikinet videoüberwacht ein. 
D. h. mein Sohn nimmt morgens 1 h vorm Termin diese aktuelle Dosierung, in der Praxis kommt er mit mir, ein paar Rechen-Kettenaufgaben und ´nem Diktat in ein Raum, eine Videokamera wird aufgestellt und wir bekommen pro Aufgabengebiet 7 min. zum Ausführen. Danach bekomme ich einen Bewertungsbogen und wir können wieder gehen. Alle 2 Tage wurde die Dosis dann etwas erhöht. Wenn ich das Gefühl hatte, es wirkt, konnte ich bescheid sagen und die Praxis meldete sich, als die Auswertung vollbracht war.
Unsere Dosislag so bei 7,5 mg unretardiertem Medikinet. Es wurde hochgerechnet  auf die retardierte Form und wir bekamen die 15 mg Medikinet.

Seit dem lief es in der Schule von Mal zu Mal besser. Es folgte etwas später eine Therapie und der Erfolg wächst. Klar. Auch wir haben mal Flauten und wieder schlechte Tage. Aber mein Sohn hat Freunde gefunden, er kann seine Intelligenz ausleben, ohne durch sein Defizit unterbrochen zu werden.
Fazit: Ich denke die Mutter weiß am ehesten, was ihrem Kind gut tut. Denn sie muss es auch verantworten. 
Mein Entschluss ist jetzt nach der Erfahrung, dass es sich für uns absolut gelohnt hat es zu probieren. Es gibt auch Kinder, bei denen das leider nicht so gut funktioniert. Ich weiß. 
Aber ich glaube mein Sohn wäre tot unglücklich, wenn:

  • Er schlau ist und er kann es wegen dem ADHS nie ausleben. 
  • Wenn er immer so impulsiv ist, dass er erst später merkt, welchen Fehler er begangen hat.
  • Wenn er erst nach Gesprächen auf die eigentlich richtige Antwort kommt, weil die Reizleitung zu langsam ist. 
  • Wenn er sich immer nur 1/3 vom Inhalt merken könnte. 
  • Wenn ihm andere Leute meiden, weil er sich nicht korrekt verhält. 
  • Wenn er andere Leute meidet, weil sein Körper einfach permanent k.o. ist.
  • Wenn er immer alles vergisst, weil sein Kurzzeitgedächtnis zu kurz ist.
Denn so lief mein Leben ab :-S. Aber darüber mehr in einem anderem Post  


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